Studie zu 4-Tage-Woche

Weniger Stunden zu arbeiten und trotzdem das gleiche Gehalt zu erhalten kann einer Studie zufolge Vorteile bringen – sowohl für Arbeitgeber als auch für Beschäftigte. Fachleute stellten am Freitag in Düsseldorf eine Studie zur Viertagewoche vor. 41 deutsche Unternehmen und Organisationen hatten testweise ein halbes Jahr ein neues Arbeitszeitmodell eingeführt.

Die Produktivität sei leicht gestiegen, sagte Studienleiterin Julia Backmann von der Universität Münster. Die Beschäftigten hätten weniger Stress gehabt, sie seien zufriedener geworden und hätten von einer verbesserten mentalen sowie körperlichen Gesundheit berichtet.

Nach der Einführung des neuen Arbeitszeitmodells änderten viele Unternehmen ihre Abläufe. Eine Maßnahme davon war, dass sie weniger oder zumindest kürzere interne Meetings hatten.

„Nicht repräsentativ“

Die Aussagekraft der Studie der Universität Münster, in die auch die Unternehmensberatung Intraprenör eingebunden war, ist begrenzt, da die teilnehmenden Organisationen nicht repräsentativ sind für die deutsche Wirtschaft.

Mitgemacht haben unter anderem Kindergärten, Steuerberatungen und Architekturbüros, aber auch ein Unternehmen der Logistikbranche mit Schichtarbeit. Die Studie betraf 900 Menschen.

Ähnliche Studien auch in anderen Ländern

Ähnliche Studien gab es zuvor in Großbritannien, Südafrika und den USA, auch hierbei waren positive Effekte festgestellt worden. Die deutsche Studie war umfangreicher als diese Untersuchungen, dort wurden 600 Interviews durchgeführt.

Außerdem setzten die Fachleute darauf, dass Beschäftigte Fitnesstracker trugen und dadurch Daten zu Stresslevel und Schlafdauer festgehalten wurden. Sogar rund 250 Haarproben zur Messung des Stresshormons Cortisol wurden genommen.

Weniger Stress, mehr Schlaf und höhere Aktivität

Für die Studie gab es zwei Testgruppen: Eine hatte weniger Arbeitszeit und eine die normale Arbeitszeit. „Die Viertagewoche-Gruppe hatte im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant weniger Stress, sie hatte eine signifikant höhere Schlafdauer und ein höheres Aktivitätslevel“, sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Backmann.

Die Studie trägt zwar den Titel „Die Vier-Tage-Woche in Deutschland“, es geht aber längst nicht immer um eine Reduzierung der Arbeitszeit um 20 Prozent. Vielmehr wählten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedliche Modelle: Nur jede fünfte Organisation entschied sich für die eigentliche Viertagewoche, der Rest für eine geringere Reduzierung der Arbeitszeit bei gleich bleibendem Gehalt. Im Schnitt aller Teilnehmer sank die Arbeitszeit um vier Stunden pro Woche.

Studie als „Beitrag zu einer gesellschaftlichen Debatte“

Carsten Meier von der Beratung Intraprenör, die das Konzept der Viertagewoche bewirbt, sieht Potenzial dafür in Deutschland. „Es schlummert unter zu vielen Meetings, zu komplizierten Prozessen und vielleicht auch noch zu geringer Digitalisierung.“ Es gebe aber keineswegs „auf Knopfdruck“ positive Ergebnisse, sondern die Organisationen müssten hart arbeiten.

Meier versteht die Studie als Beitrag zu einer gesellschaftlichen Debatte, um Arbeit neu zu definieren. „Wir brauchen in Deutschland ein neues Verständnis von Leistung – eines, das eben nicht an geleisteter Arbeitszeit festhält, sondern sich auf Ergebnisse und Ziele konzentriert.“ Man brauche eine Arbeitswelt, die wirtschaftlich erfolgreich und innovativ sei und gleichzeitig Mitarbeitern helfe, gesund zu sein und ihnen ein attraktives Arbeitsumfeld biete.

Professorin Backmann fügte hinzu, es gehe bei der Studie nicht darum, eine flächendeckende Einführung der Viertagewoche über alle Branchen hinweg zu propagieren, sondern sie als „eine Möglichkeit eines innovativen Arbeitszeitmodells und ihrer Wirkung“ zu testen.

„Unsere Erwartungen wurden übertroffen“

Als positives Beispiel wurde Harald Urban vorgestellt. Seine Steuerberatung mit 16 Mitarbeitern in Schönaich bei Stuttgart führte die Viertagewoche ein, um möglichem Burn-out entgegenzuwirken sowie um die Mitarbeiterbindung und die Motivation zu erhöhen.

Außerdem wollte man im Werben um Fachkräfte attraktiver sein, sagt Urban. „Unsere Erwartungen wurden erfüllt und übertroffen.“ Da man „auch wirtschaftlich zufrieden“ sei, setze man nun dauerhaft auf die Reduzierung der Arbeitszeit um 20 Prozent bei Vollzeitgehalt.

Von den Teilnehmern des Pilotprojekts möchten den Angaben zufolge knapp drei Viertel mit der testweise eingeführten Arbeitszeitreduzierung weitermachen, ein Fünftel hört damit auf und macht weiter wie zuvor. Der Rest ist noch unentschlossen.

Zwei Seiten der Medaille?

Befürworter der Viertagewoche argumentieren zudem, dass Familie und Beruf besser in Einklang gebracht werden können. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel könnten Firmen zudem einen Vorteil haben, wenn sie deswegen mehr Bewerbungen bekommen.

Kritiker sagen hingegen, dass ein solches Modell zu einer kräftigen Lohnsteigerung führen würde, die sich die allermeisten Firmen nicht leisten könnten – ganz besonders nicht in der aktuell schwierigen konjunkturellen Lage. Hinzu komme, dass es wegen des demografischen Wandels immer weniger Arbeitskräfte gebe – eine Viertagewoche würde diese sich verschärfende Knappheit an Arbeitszeit insgesamt noch verschärfen.

Arbeitgebervereinigung skeptisch

Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) äußerte Kritik an den Ergebnissen der Studie. „Im internationalen Vergleich arbeiten wir Deutsche über das Jahr gerechnet schon heute mit am wenigsten“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter und wies darauf hin, dass sich Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, bewusst gegen eine Teilnahme an dem Versuch entschieden hätten.

„Letztlich wäre eine Viertagewoche mit vollem Lohnausgleich nur eine massive Lohnsteigerung, die sich die allermeisten Unternehmen nicht leisten können.“ Anstatt darüber zu reden, weniger zu arbeiten, sollte man darüber reden, die Stunden in einer Woche flexibler zu verteilen. „Da, wo es passt, Montag bis Donnerstag mal mehr arbeiten und Freitag frei – das sollte möglich sein, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber das vereinbaren.“

Gewerkschaft warnt vor Mogelpackung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußert sich eher vorsichtig zu dem Thema. Vorstandsmitglied Anja Piel sagt, es müsse zunächst geklärt sein, was genau mit Viertagewoche gemeint sei. „Wenn bei vollem Lohnausgleich nur vier Tage gearbeitet wird und sich dabei die Arbeitsbelastung nicht erhöht, kann das im Idealfall zu mehr Arbeitszufriedenheit und zu höherer Produktivität führen.“

Sie warnt vor einer „Mogelpackung“, wenn das gleiche Arbeitspensum auf weniger Tage verteilt würde und die Beschäftigten dadurch noch stärker im Hamsterrad des Arbeitsalltags wären als zuvor.

Schlechte Führung macht krank

Kurzzeitiger Stress kann aktivierend sein und sich positiv auf die Leistung auswirken. „Wird aus der Ausnahme allerdings ein Dauerzustand, den die Führungskraft nicht durch Unterstützung abfedert, kann Stress mittelfristig krank machen“, so das Meinungsforschungsinstitut Gallup.

In Österreich fühlen sich 36 Prozent im Job gestresst, zeigt der Report „State of the Global Workplace 2023“. Das erhöht die Wechselbereitschaft. Gefühlter Stress komme nicht von ungefähr. Er gehe oft mit einer niedrigen emotionalen Bindung an den Arbeitgeber einher.

„Stress ist langfristig Gift für die Unternehmenskultur und damit auch den wirtschaftlichen Erfolg“, so Gallup-Direktor Marco Nink. Hierzulande ist der Erhebung zufolge nur jeder Zehnte (11 Prozent) emotional stark an seinen Arbeitgeber gebunden. 79 Prozent machten Dienst nach Vorschrift, 13 Prozent hätten sogar bereits innerlich gekündigt.

Im internationalen Vergleich fühlen sich in Österreich weniger bei der Arbeit gestresst – in Europa sind es im Schnitt 39 Prozent, in Deutschland 42 Prozent und weltweit 44 Prozent.
Gute Führung sorgt für weniger Stress

Eine schwache emotionale Bindung an den Arbeitgeber fördere die Wechselbereitschaft. „Entgegenwirken können Unternehmen mit der Qualität der erlebten Führung“, so Nink. Beschäftigte unter guter Führung fühlten sich weniger gestresst und mehr gebunden als Beschäftigte, deren emotionale Bedürfnisse am Arbeitsplatz übersehen würden.

Im Vergleich aller zehn Weltregionen herrscht in Europa laut Umfrage mit im Schnitt 13 Prozent der niedrigste Grad emotionaler Mitarbeiterbindung – in Deutschland sind es 16 Prozent, in der Schweiz elf und in Großbritannien zehn Prozent. Weit unter dem europäischen Durchschnitt liegen Frankreich mit sieben und Italien mit nur fünf Prozent. Weltweit fühlen sich durchschnittlich 23 Prozent emotional eng mit dem Arbeitgeber verwoben.
Führungs-, nicht Arbeitskultur als Auslöser

Oft würden „kulturelle Faktoren“ als Grund für die schwache emotionale Mitarbeiterbindung in Europa angegeben. „Allerdings liegt das Problem nicht in der Arbeits-, sondern in der Führungskultur“, hielt Nink fest. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass bei Unternehmen, die aktiv an der Qualität der erlebten Führung und des Arbeitsumfeldes arbeiten, sich die emotionale Bindung ihrer Mitarbeitenden deutlich steigern lässt“, so der Gallup-Experte.

„Wenn Arbeitgeber die emotionale Bindung aktiv fördern und sich um das Wohlergehen ihrer Beschäftigten kümmern, reduzieren sie nicht nur deren Stress, sondern stärken neben der Gesundheit und Leistungsfähigkeit auch ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitgebermarke“, so Gallup-Partnerin Pa Sinya.
Viele rechnen sich Chance auf neuen Job aus

Unzufriedene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten schneller weg sein als gedacht. Derzeit bewerten viele die Chance, einen neuen Job zu finden, als durchaus positiv, zeigt die Erhebung. In Österreich geben 50 Prozent der Befragten an, es sei eine gute Zeit, den Arbeitgeber zu wechseln. Europaweit liegt der Schnitt bei 56 Prozent.

Für den vorliegenden Bericht wurden weltweit 122.416 Beschäftige in 145 Ländern befragt, 18.262 davon in 38 Ländern Europas. Die Interviews wurden laut Gallup zwischen April 2022 und März 2023 telefonisch oder persönlich durchgeführt. Die Auswahl der Befragten sei nach dem Zufallsprinzip erfolgt.

Kein Arbeitsplatzabbau durch KI – OECD-Studie

Künstliche Intelligenz (KI) kann in einem sehr breiten Feld Aufgaben übernehmen, die davor von Menschen geleistet wurden. Zu einem Abbau von Jobs ist es deshalb aber noch nicht gekommen – allenfalls hat KI-Nutzung das Beschäftigungswachstum verlangsamt, ergab eine OECD-Studie mit österreichischer Beteiligung.

Der Untersuchung der OECD in Kooperation mit der KMU Forschung Austria liegen knapp 100 Fallstudien in acht Ländern zugrunde, davon 18 aus Österreich. Unterstützung gab es vom Sozialministerium. Hinweise auf Kündigungen wegen der KI „finden sich in den Fallstudien nur in begrenztem Umfang“, so die Studie. In den wenigen Fällen seien die Betroffenen in anderen Bereichen des Unternehmens untergekommen. Teilweise habe es aber keine Nachbesetzungen von Pensionierungen oder natürlichen Abgängen gegeben, wenn Aufgaben von einer KI übernommen wurden.

Im Gegenzug habe starke Nachfrage zu mehr Beschäftigung in Berufen mit KI-Bezug geführt. Auch auf dem Gebiet der KI selber seien neue Arbeitsplätze entstanden. „KI-Nutzung führt eher zur Umorganisation von Tätigkeiten als zu tatsächlichen Arbeitsplatzverlusten“, heißt es in der OECD-Studie. Teils werde die KI als Unterstützung genutzt, damit Menschen schneller, fehlerfreier oder sicherer arbeiten können, ohne dass sich ihr Tätigkeitsprofil grundlegend ändert.

Wegfall monotoner Aufgaben

Häufig habe die Arbeitsersparnis durch KI zu mehr Bedarf an menschlicher Arbeit im Umfeld der KI geführt. „Die anderen Aufgaben waren in der Regel Tätigkeiten, bei denen menschliche Arbeitskräfte nach wie vor über komparative Vorteile verfügen“, so die OECD. Tätigkeiten, die Empathie, soziale Interaktion und bestimmte Arten der Entscheidungsfindung erfordern, würden „wahrscheinlich immer besser von Menschen erledigt werden“, so die Einschätzung der Befragten in den Fallstudien.

Die Auswirkungen auf das Kompetenzniveau sind laut Studie differenziert zu sehen. Bei einem großen Teil sei im neuen Umfeld keine zusätzliche Kompetenz nötig, aber bei einem „wesentlichen Anteil der Fallstudien“ waren höhere und breiter gestreute Kompetenzen nötig. Nur im verarbeitenden Sektor gab es auch Beispiele, wo die Kompetenzanforderungen wegen der Automatisierung sanken.

„Die Fallstudien liefern überzeugende Belege dafür, dass KI die Beschäftigungsqualität erhöht“, so die Studie. Oft fielen monotone Inhalte weg, die Arbeit werde interessanter und auch das Arbeitspensum sinke. Es könne aber auch die Arbeitsintensität wegen höheren Leistungszielen steigen. Nun seien politische Weichenstellungen entscheidend. Würden Beschäftigte bei der Einführung von KI eingebunden, verringere das die Furcht vor einem Arbeitsplatzverlust und stärke ihre Bereitschaft, sich mit KI-Technologien auseinanderzusetzen.

Betriebe setzen auf 4-Tage-Woche

Die Firma B&R Automatisierungstechnik in Eggelsberg an Oberösterreichs Grenze zu Salzburg macht ein extremes Beispiel vor – die Zwei-Tage-Woche bei vollem Lohn für ihre Arbeitskräfte, zu absolvieren Samstag und Sonntag. Bei immer mehr Betrieben gibt es mittlerweile die Vier- statt der Fünf-Tage-Woche.

Sogar der Salzburger Raiffeisenverband bietet die Vier-Tage-Woche
seinen Mitarbeitern ab kommendem Frühjahr an. Und immer mehr Tourismusbetriebe praktizieren sie – als Maßnahme im Kampf gegen den Mangel bei Mitarbeitern.

Immer mehr Bewerber fragen nach

Auch im Bankenbereich ist es nicht anders als in anderen Branchen. Die Suche nach guten Fachkräften wird immer schwieriger. Ab sofort könne auch bei Raiffeisen 36 statt 38,5 Wochenstunden gearbeitet werden, sagt Personalchef Markus Winkelmeier: „Wir sehen den zunehmenden Arbeitskräftemangel. Gleichzeitig fragen Bewerber das zunehmend nach.“

Das Angebot für eine Vier-Tage-Woche richte sich bei Raiffeisen an rund 3.000 Menschen: „Wir wissen noch nicht, wie viele das in Anspruch nehmen werden. Wir schätzen vorerst etwa 20 Prozent.“

Gemischte Trends in der Gastronomie

Branchenwechsel in den Tourismus: Sogar hier gibt es inzwischen Betriebe, die von der klassischen Fünf- oder Sechs-Tage-Woche abgekommen sind. Im Brückenwirt in St. Johann (Pongau) gibt es die Viereinhalb-Tage-Woche – ein Erfolgsrezept, um Mitarbeiter zu halten oder zu bekommen, ist Eigentümerin Petra Nocker-Schwarzenbach überzeugt: „Bei uns sind alle Posten besetzt. Es ist eine komfortable Situation der heutigen Zeit.“

Ernad Kanuric ist Leiter des Restaurants beim Brückenwirt: „Es ist sehr interessant, um weitere Mitarbeiter zu bekommen. Auch für mich ist das einer von mehreren Gründen, dass ich hier arbeite.“

Hoteliers in Obertauern wenig begeistert

In Obertauern ist die Vier-Tage-Woche kein Thema. Das hänge auch damit zusammen, dass man für ein derartiges Arbeitszeitmodell viel zu wenige Unterkünfte für das Personal habe.

Walter Veit betreibt in Obertauern das Hotel Enzian: „Es ist nicht überall umsetzbar – wie hier bei uns, wo die Mitarbeiter nahezu alle selbst in den Häusern untergebracht sind. Wir bräuchten viel mehr Unterbringungsmöglichkeiten. Die habe wir aber nicht. Deshalb halten wir größtenteils an der Sechs-Tage-Woche fest.“

Allerdings sei die Nachfrage nach einer Vier-Tage-Woche sehr wohl vorhanden: „Es gibt auch den gegenläufigen Trend, dass uns Mitarbeiter fragen, ob sie nicht wieder in Vollzeit arbeiten können, weil sie wegen der Teuerung mehr Kosten zu tragen haben und mehr Geld verdienen wollen oder müssen.“

Lösung für Produktion besser als für Handel

Mit gemischten Gefühlen gehen auch Industrie-Betriebe an das Thema heran. Bei Jacoby Pharmazeuticals in Hallein seien 500 Mitarbeiter beschäftigt, sagt Managerin Sonja Jacoby: „Wir haben die vier Tage schon in einem Tochterunternehmen vor eineinhalb Jahren eingeführt. Das war ein Bedürfnis der Mitarbeiter, das ganz gut mit den Bedürfnissen des Unternehmens zusammenpasst. Die Mitarbeiter sind sehr glücklich. Dort ist es ein Produktionsbetrieb. Hier im pharmazeutischen Großhandel ist das schon schwieriger, weil wir ja von den Öffnungszeiten der Apotheken abhängig sind.“

Der Mangel an Fachkräften und guten Arbeitern bleibt laut Wirtschaftstreibenden ein großes Thema auch für die kommenden Jahre. Viele aus den geburtenstarken Jahrgängen werden nämlich pensioniert. Immer mehr schwache Jahrgänge kommen in den Arbeitsmarkt.

Schlafen in Krisenzeiten

Die Österreicher schlafen immer schlechter – und das dürfte sich so bald nicht ändern, befürchten Schlafforscherinnen und -forscher. Die Pandemie, der Klimawandel, die hohe Teuerungsrate und der Krieg in der Ukraine bereiten den Menschen Sorgen, und Sorgen halten wach. Es gibt jedoch Tipps, die helfen.

„Oft ist es die Angst vor der Angst, nicht schlafen zu können. Wie wird das morgen, wenn ich jetzt nicht schlafen kann?“ David Bauer – Name von der Redaktion geändert – liegt mehrmals die Woche zwei, drei Stunden lang wach, bevor er einschläft. Beruflich muss er viel vor Publikum sprechen, muss präsent und fit sein.

Die Gedanken kreisen darum, möglicherweise nicht einschlafen zu können, und führen erst recht zum unerwünschten Ergebnis. Ein Teufelskreis, den viele kennen: Etwa ein Viertel der Menschen in Österreich leidet an Ein- und Durchschlafstörungen, sagt Gerhard Klösch, Schlafforscher an der MedUni Wien.

Die Psyche hält wach

Klösch erzählt, dass Betroffene oft enttäuscht sind, wenn sie zu ihm ins Schlaflabor im Wiener AKH kommen. Sie erwarten sich, dass dort körperliche Ursachen für ihre Schlafprobleme gefunden werden. Doch in den meisten Fällen ist es die Psyche, die Menschen nicht schlafen lässt.

45 Prozent der Schlafprobleme sind auf persönliche und berufliche Probleme zurückzuführen, 22 Prozent auf unverarbeitete Tageseindrücke und nur zwölf Prozent auf körperliche Erkrankungen. Daneben gibt es noch andere Faktoren wie störende Geräusche, Schmerzen oder dass man sich während der Schlafenszeit um Kinder oder Kranke kümmern muss.

Vom erholsamen Lockdown zur Coronavirus-Müdigkeit

„Im Moment erleben wir die Krise in der Krise“, sagt Brigitte Holzinger, Schlafcoach und Schlafforscherin. Die CoV-Krise ist noch nicht vorbei, die Klimakrise spitzt sich immer mehr zu, heuer kamen der Ukraine-Krieg, die Inflation und die steigenden Energiepreise dazu. Das beeinflusst den Schlaf.

Dabei hatte die Pandemie zunächst sogar positive Auswirkungen auf den Schlaf, sagt Holzinger: „Die Menschen hatten den Eindruck, dass sie endlich wieder schlafen konnten. Die Schlafqualität hat sich deutlich verbessert, weil sich viele Menschen den Schlaf im ersten Lockdown selbst einteilen konnten.“ Das ergab eine Studie, die Holzinger und Klösch im Frühling 2020 durchgeführt haben.

Mehr Alpträume und Ängste

„Aber je länger die Pandemie angedauert hat, desto mehr hat sich die Situation verschlechtert: Schlafstörungen haben sich verdoppelt, Alpträume und Ängste haben zugenommen“, sagt Holzinger. Nicht zu wissen, wie es weitergeht, Angst um die Gesundheit oder um den Job – es waren vor allem Zukunftsängste, die den Schlaf raubten. Laut einer Umfrage der Paris Lodron Universität Salzburg haben sich auch die Schlafprobleme von Kindern und Jugendlichen im Jahr 2021 fast verdoppelt.

Studienautorin Kathrin Bothe dazu: „Am gravierendsten waren die Veränderungen bei den Sechs- bis Zehnjährigen. Je größer die Angst vor der Situation mit Corona war, desto eher haben sie von Ein- und Durchschlafstörungen und von Alpträumen berichtet. Bei den Jugendlichen hat ein unregelmäßiger Schlafrhythmus unter anderem zu mehr Tagesschläfrigkeit geführt.“ Bei den Umfragen handelt es sich um Selbsteinschätzungen, bei denen das Schlafverhalten vor der Krise in der Rückschau abgefragt wurde, weil direkte Vergleichsdaten aus der Zeit vor 2020 fehlen. Auch ob sich die CoV-Krise dauerhaft oder nur kurzfristig auf das Schlafverhalten ausgewirkt hat, bleibt noch abzuwarten.

Krieg und Krise als Faktoren

Bei Bauer war es vor allem das Homeoffice, das die Schlafstörungen verstärkt hat: „Mir ist dann erst aufgefallen, wie wichtig eigentlich der Weg in die Arbeit ist. Ich habe mich dadurch regelmäßig bewegt, aber er war auch wichtig, um mich vom Privatleben zu distanzieren und Zeit zu haben, mich auf die Arbeit einzustellen. Im Homeoffice fand ich es schwierig, die berufliche Welt von der privaten zu trennen.“

Heuer im Februar sind dann noch zwei Faktoren dazugekommen: „Ich hatte gerade einen neuen Job angefangen, das war eine Herausforderung, und dann ist der Krieg in der Ukraine ausgebrochen.“ Bauer hat Verwandte in Kiew. „Das hat einiges an Unruhe mit sich gebracht, vor allem der Schock, als der Krieg ausgebrochen ist. Die Bilder immer zu konsumieren tut nicht so gut.“

Auch Klima als Teil der Sorgen

Die Nachrichtenlage kann den Schlaf rauben, besonders wenn sie einen persönlich betrifft bzw. betreffen könnte. Holzinger kann das in ihrer Praxis als Schlafcoach beobachten: „Kann ich in Zukunft die Stromrechnung noch bezahlen? Was passiert mit meinem Job, wenn wir in eine Rezession schlittern? Oder: Kommt der Krieg bis zu uns? All das sind Themen, wenn es um den Schlaf geht.“ Auch die Sorge ums Klima wird immer mehr Thema.

Klösch ergänzt: „Schlafräuber sind Dinge, bei denen ich als Betroffener das Gefühl habe, ich kann sie nicht beeinflussen, ich bin dem schutzlos ausgeliefert. Hilflosigkeit ist eines der Grundübel für schlechten Schlaf.“ Bauer erzählt, dass es wichtig war, einen aktiven Weg zu suchen, um die Hilflosigkeit loszuwerden: Verwandte bei sich aufzunehmen, Spenden zu sammeln, eine ukrainische Familie zu unterstützen. „Meine Frau und ich haben dann auch aufgehört, ständig Liveticker zu verfolgen. Distanz zu schaffen war auch wichtig.“

Problem wird weiter wachsen

Finanzielle Sorgen hat Bauer nicht, aber für viele andere werden die Inflation und steigende Energiekosten zum Problem. Studien über das Schlafverhalten 2022 gibt es noch nicht, sagt Schlafforscher Klösch, aber: „Wir wissen aus früheren Studien, wie sich derartige Belastungssituationen auf den Schlaf auswirken, daher gehen wir davon aus, dass die Klagen über nicht erholsamen Schlaf in den nächsten Umfragen deutlich zunehmen werden.“

Schlaf ist auch eine Frage der sozialen Absicherung: „Es hat sich gezeigt, dass alleinerziehende Mütter besonders gefährdet sind, mit Schlafproblemen auf diese Krisensituation zu reagieren.“ Dabei gehe es um die ökonomische Situation, aber für den Schlaf sei auch relevant, ob ein soziales Netzwerk vorhanden ist, das beispielsweise bei der Kinderbetreuung unterstützt, oder nicht.

Zeit zum Verarbeiten

Schlaf ist aber auch eine Sache der Persönlichkeit, sagt Klösch: „Ein fundamentaler Optimismus und eine aufgeschlossene Haltung dem Leben gegenüber sind ein sehr protektiver Faktor für den Schlaf. Umgekehrt haben Personen, die sich unabhängig von der Lebenssituation übertrieben ängstigen, einen schlechteren Schlaf.“

Und auch der Lebensstil einer Gesellschaft ist relevant, sagt Kerstin Hödlmoser, Schlafforscherin an der Paris Lodron Universität Salzburg: „Unabhängig von aktuellen Krisensituationen kann man erkennen, dass sich etwas verändert hat und dass in den letzten Jahren insgesamt häufiger von Einschlafproblemen berichtet wird.“

Sie geht davon aus, dass es Veränderungen im Alltagsverhalten sind, die dazu geführt haben: „Mehr als ein Drittel hat das Handy noch im Bett dabei. Wir sind dadurch permanent abgelenkt und mit einer gewissen Reizüberflutung konfrontiert – bis zu dem Moment, wo wir die Augen zumachen. Wenn wir dann erst beginnen, die Eindrücke zu verarbeiten, ist es klar, dass wir länger zum Einschlafen brauchen.“

Hödlmoser rät dazu, sich tagsüber bewusst Zeit zum Verarbeiten von neuen Informationen und Eindrücken zu nehmen. Auch dass sich viele im Alltag weniger bewegen als früher, kann eine Ursache für schlechteren Schlaf sein. Denn Bewegung regt die Produktion des Schlafhormons Melatonin an.

Schlaf ist eine Sache der Gewohnheit

„Beim Schlaf darf man auch den Aspekt der Gewohnheit nicht unterschätzen. Um die Gewohnheiten zu ändern, ist es sinnvoll, mit einer Art Training anzusetzen“, sagt Holzinger. Sie ist nicht nur selbst als Schlafcoach tätig, sondern bildet im Universitätslehrgang Medizinisches Schlafcoaching an der MedUni Wien auch Schlafcoaches aus. Das Konzept basiert auf therapeutischen Ansätzen, bei denen einerseits der biographische Hintergrund, die Lebensrealität und die Probleme der Menschen miteinbezogen werden, andererseits guter Schlaf und Entspannungstechniken „trainiert“ werden.

Bauer nimmt Schlafcoachingstunden bei Brigitte Holzinger. Ihm gefällt, dass „die Schlafprobleme von mehreren Seiten angegangen werden und dass mir mehrere Stellschrauben aufgezeigt werden, wo ich ansetzen kann. Meine Schlafprobleme sind immer noch da, aber ich kann besser damit umgehen. Ich weiß, wo ich ansetzen kann, wenn sie wieder auftauchen, um sie schneller in den Griff zu bekommen.“

Regelmäßige Schlafenszeiten als Hilfe

Holzinger rät ihren Klientinnen und Klienten, immer zur selben Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen, sofern das möglich ist: „Das ist eine unpopuläre Maßnahme – aber eine sehr wirksame.“ Regelmäßige Schlafenszeiten sind für die innere Uhr enorm wichtig, aber nicht jedem möglich: „Schichtarbeit, wie sie in Österreich praktiziert wird, macht auf Dauer krank.“ Holzinger berät auch Firmen, wie sie Schichtarbeit „schlaffreundlicher“ einteilen und gestalten können, und erwartet sich von der Politik andere Rahmenbedingungen für Schichtarbeit. Neben dem regelmäßigen Schlaf ist auch regelmäßige Bewegung wichtig, sagt sie: „Und das bei Tag im Freien. Denn das Tageslicht regt die Melatoninausschüttung am Abend an, und das ist wichtig fürs Einschlafen.“

Als dritte Maßnahme für guten Schlaf empfiehlt sie, die eigenen Träume aufzuschreiben: „Man beginnt sich dann immer besser an seine Träume zu erinnern, das verstärkt die Traumvorgänge und erleichtert es den Menschen, wenn sie im Bett liegen, sich aufs Träumen zu freuen, anstatt sich Sorgen darüber zu machen, was morgen passieren wird, wenn sie jetzt wieder nicht einschlafen können.“ Berechtigte Zukunftsängste verschwinden mit diesen Maßnahmen nicht, ebenso wenig persönliche Probleme, doch sie helfen auch in schwierigen Lebenssituationen, die Auswirkungen auf den Schlaf zu minimieren.

Viertagewoche – Testlauf in GB

70 Unternehmen und insgesamt mehr als 3.300 Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte: In Großbritannien ist diese Woche der weltweit größte Versuch gestartet, die Arbeitswelt mit einer Viertagewoche zu reformieren. Vom Fish-and-Chips-Restaurant bis zur großen Bank ist eine breite Palette an Firmen beteiligt. Ob das Konzept aufgeht, wird eine erste Bilanz nach Auslaufen des Projekts Ende des Jahres zeigen.

Die Ansprüche haben sich in der CoV-Pandemie geändert, viele Büroarbeitskräfte haben die Vorteile von Homeoffice – insbesondere Kosten- und Zeitersparnis durch das Wegfallen des Pendelns – während der Lockdowns schätzen gelernt. Und viele Firmen sehen in einer Arbeitszeitverkürzung ihrerseits ein mögliches Modell, um im derzeitigen Wettstreit um Arbeitskräfte das richtige Angebot bieten zu können.

 Das Pilotprojekt geht sechs Monate und wurde von der Organisation 4 Day Week UK auf die Beine gestellt. Unterstützt wurde sie dabei von 4 Day Week Global, einer vom Neuseeländer Andrew Barnes geleiteten NGO. Barnes gilt als Pionier der Viertagewoche. Er führte diese bereits 2018 bei seiner Finanz- und Immobilienfirma Perpetual Guardian ein. Das Ergebnis: mehr Produktivität, mehr Zufriedenheit und leichteres Anwerben neuer Mitarbeiter.

100:80:100-Modell

Basis des nun angelaufenen breiten Versuchs ist das „100:80:100-Modell“, das bedeutet: 100 Prozent Gehalt bei 80 Prozent Arbeitszeit und der Verpflichtung, 100 Prozent der Produktivität beizubehalten. Mit anderen Worten: die gleiche Leistung in weniger Zeit bei gleichem Gehalt. Wissenschaftlich begleitet wird der Versuch von den Universitäten Cambridge und Oxford und dem Boston College.

Die Bandbreite der Unternehmen reicht vom kleinen Restaurant, Baufirmen, Hautpflege über Softwarefirmen bis zu Steuerberatungsunternehmen und Banken – keineswegs nur in London, sondern auf viele britische Städte verteilt.

„Wettbewerbsvorteil verschaffen“

Joe O’Connor, Chef von 4 Day Week Global, sieht Großbritannien als Vorreiter: „Mit dem Überwinden der Pandemie erkennen immer mehr Firmen, dass die Lebensqualität das neue Kriterium bei der Wettbewerbsfähigkeit ist. Und sie erkennen, dass Stundenreduktion und Arbeiten, das sich an der Leistung orientiert, das Mittel sind, um ihnen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen“, so O’Connor gegenüber dem „Guardian“.

Die Forscherinnen und Forscher werden bei jeder teilnehmenden Firma unter anderem die Auswirkungen der Viertagewoche auf Produktivität und das Wohlbefinden, die Berufschancen von Frauen und die Umwelt untersuchen. Im August starten weitere in Australien und Neuseeland. Weitere von der Regierung unterstützte Versuche mit einer Viertagewoche sind laut Euronews heuer in Spanien und nächstes Jahr in Schottland geplant. Bei beiden dürfte es um eine Reduktion von Zeit und Leistung gehen, und es dürfte eine zumindest teilweise finanzielle staatliche Abgeltung für die Firmen geben.

England als Pionier

England war als Mutterland der Industrialisierung auch das Land, in dem die Arbeiterbewegung entstand und – schrittweise – die brutale Ausbeutung durch das Erkämpfen von Arbeiterrechten verringerte.

„Historischer Versuch“

Die leitende Forscherin Juliet Schor vom Boston College sprach von einem „historischen Versuch“. Man werde analysieren, wie Angestellte bezüglich Stress, Burn-out, Zufriedenheit und Gesundheit auf einen zusätzlichen freien Tag reagieren. Die Viertagewoche werde allgemein als „Schritt mit drei positiven Effekten gesehen: gut für die Angestellten, für die Firmen und für das Klima“. Die Forschung werde sich alle diese Aspekte ansehen, so Schor.

Seit Jahren führen zunehmend einzelne Unternehmen weltweit – auch in Österreich – verschiedene Modelle einer Viertagewoche ein. Bei Beschäftigten ist das Konzept generell sehr beliebt: Laut dem Onlinemagazin Quartz präferierten in einer US-Umfrage mehr als 90 Prozent der Befragten eine Viertagewoche mit zehn Stunden täglicher Arbeitszeit gegenüber der klassischen Fünftagewoche mit je acht Stunden Mindestarbeitszeit. Das ist ein weiteres Modell für eine Viertagewoche – und unterscheidet sich von jenem im nun gestarteten britischen Versuch.

Heimischer Zwist über Arbeitszeit

In Österreich fordert die SPÖ von der Regierung, in einer ersten Phase Versuche zu starten. Sie tritt für ihr eigenes Modell ein: 20 Prozent weniger Arbeitszeit sollen von Staat, Unternehmen und Beschäftigten (Letztere in Form eines Gehaltsverzichts) zu je einem Drittel getragen werden. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sagte in einer Aussendung unter Verweis auf den britischen Versuch, dass in Österreich im EU-Vergleich besonders lange gearbeitet werde.

Dem widersprach umgehend die Wirtschaftskammer. Die reale Arbeitszeit – hierbei wird der Urlaub eingerechnet – liegt laut dem WKO-Experten Rolf Gleißner vielmehr unter dem EU-Schnitt. Die vom ÖGB abgelehnte Arbeitszeitgesetzreform von ÖVP und FPÖ ermögliche bereits eine Viertagewoche, sofern sich Unternehmen und Belegschaft einigen, so Gleißner. Eine Vorgabe der Politik, wie ein Betrieb die Arbeitszeit verteilt, lehnt Gleißner ab und verweist unter anderem auf auch am Samstag geöffnete Geschäfte.

Streit über Produktivität

Für den Wirtschaftswissenschaftler Jonathan Boys vom Arbeitsmarktinstitut CIPD ist für den Erfolg die Produktivität der Dreh- und Angelpunkt. „Bei der Umstellung von der Fünf- zur Viertagewoche geht ein Arbeitstag verloren – folglich auch Produktivität“, sagt er. „Die Frage ist doch: Arbeiten die Menschen so viel produktiver, um diesen Ausfall auszugleichen?“ Wenn das nicht der Fall sei, dann „können wir die Viertagewoche nicht ohne Wachstumseinbußen“ beibehalten, warnt er.

Aidan Harper, Autor des Buches „The Case for a Four Day Week“, sieht diese Frage schon beantwortet, und zwar positiv. Er hat einen Ländervergleich angestellt: „In Dänemark, Schweden, den Niederlanden wird weniger gearbeitet als in Großbritannien – die Produktivität ist aber höher“, sagt er. In Griechenland dagegen gebe es mit die längsten Arbeitstage in Europa – die Produktivität sei eher schwach.

Maßstab entscheidet über Erfolg

Egal, welche Variante konkret im Einsatz ist oder angedacht wird, der nunmehrige großangelegte Versuch dürfte jedenfalls neue Erkenntnisse liefern – darüber, inwieweit die darin gesetzten Erwartungen eingelöst werden und welche Schwierigkeiten und Nachteile damit verbunden sind. Schon jetzt lässt sich sagen: Das wird entscheidend davon abhängen, welchen Maßstab man anlegt.

4-Tage-Woche: Arbeitsminister skeptisch

Schon jetzt bestehe die Möglichkeit, sich flexibel zu organisieren, sagt Kocher. Dass vier anstatt fünf Tage Arbeit gesünder seien, „kann man nicht generell sagen“.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) verweist in der von der SPÖ angestrengten Debatte rund um eine Viertagewoche darauf, „dass es jetzt schon die Möglichkeit gibt, die Arbeit flexibel zu organisieren“. Dabei strich er Betriebsvereinbarungen und Kollektivverträge mit verschiedenen Normarbeitszeiten hervor. Und betonte: „Wenn es um eine generelle Viertagewoche für alle mit reduzierter Arbeitszeit geht, dann sehe ich das skeptisch.“

„Das würde nicht für alle Branchen funktionieren“, sagte Kocher auf Nachfrage am Dienstag. Es gebe aber schon Bereiche, in denen man eine Viertagewoche überlegen könne. Es hänge viel vom „Wie“ ab: „Da sind die Sozialpartner die richtige Ebene um darüber zu diskutieren, in welche Richtung es gehen soll mit der Arbeitszeitentwicklung.“ Der Arbeitsminister warnte davor, dass eine generelle Viertagewoche den Arbeitskräftemangel verstärken und die Lohnstückkostenentwicklung negativ beeinflussen würde.

Vier Tage gesünder? „Das kann man nicht generell sagen“

„Dass vier Tage arbeiten gesünder ist als fünf Tage zu arbeiten, das kann man nicht generell sagen“, betonte die Arbeitsmedizinerin Eva Höltl. „Ich begrüße aber sehr, dass mehr Flexibilität in die Arbeitszeitgestaltung vieler Jobs Einzug hält – das betrifft viele die Vereinbarkeitsthemen haben oder pendeln.“

Die SPÖ will über das Thema Viertagewoche ja über den Sommer mit den relevanten Stakeholdern diskutieren und im Herbst im Parlament fortsetzen. Ihr freiwilliges Modell beinhaltet eine öffentliche Förderung. Die Arbeitszeit soll um 20 Prozent, also auf 32 Stunden in der Woche, gesenkt und somit ein freier Tag mehr geschaffen werden. Die wegfallenden 20 Prozent sollen zur Hälfte vom AMS bezahlt werden und jeweils zu 25 Prozent vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer. So bliebe mit einer Viertagewoche ein Bruttolohn von 95 Prozent, rechnete Parteichefin Pamela Rendi-Wagner vergangenen Freitag vor. Je vier Arbeitnehmern im Viertagewochen-Modell solle eine zusätzliche Arbeitskraft angestellt werden, „um einen Beschäftigungseffekt zu erzielen“.