Fehlzeitenreport 2024 (für 2022/23)

Neues Fehlzeiten-Dashboard der Sozialversicherung bietet Übersicht zum Krankenstandsgeschehen in Österreich

Im Auftrag des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger (DVSV), der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer erarbeitet das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) seit über 15 Jahren jährlich den „Österreichischen Fehlzeitenreport“. Er liefert Einblicke in die Entwicklung und Verteilung der Krankenstände in Österreich für die Gruppe der unselbstständig Beschäftigten. Der Schwerpunkt in diesem Jahr beleuchtet das Krankenstandgeschehen von Lehrlingen und jungen Erwerbstätigen. Um die Fehlzeiten zeitnäher nach der Veröffentlichung der Daten bereitstellen zu können, erscheinen künftige Reporte ab jetzt immer zur Jahresmitte. Heuer werden dafür einmalig zwei Jahre (2022/23) dargestellt.

Die Krankenstandsstatistik der Jahre 2022 und 2023 verzeichnet gegenüber dem Jahr 2021 eine Erhöhung der krankheitsbedingten Fehlzeiten. Die unselbständig Beschäftigten verbrachten im Jahresverlauf 2022 durchschnittlich 14,9 Kalendertage im Krankenstand, um 24,6 Prozent mehr als 2021 (12,3 Kalendertage). 2023 erhöhten sie sich nochmals um 4,6 Prozent, auf durchschnittlich 15,4 Krankenstandstage je Beschäftigter bzw. je Beschäftigte. Die Krankenstandsquote definiert das Verhältnis der Krankenstandstage zum Arbeitsvolumen. Sie ist ein Indikator für den Verlust an Arbeitszeit und erhöhte sich auf 4,1 Prozent (2022) bzw. auf 4,2 Prozent (2023), im Jahr 2021 lag sie bei 3,4 Prozent. Der Anteil der Versicherten, die in den Jahren 2022 und 2023 mindestens einmal im Krankenstand waren, stieg auf 69,5 Prozent (2022) bzw. auf 71,2 Prozent (2023) an (Vgl. 2019: 64 Prozent, 2021: 57,4 Prozent), die Krankenstandstage je Krankheitsfall gingen auf 9,4 Tage im Jahr 2022 bzw. auf 9,3 Tage im Jahr 2023 zurück (2019: 9,7 Tage, 2021: 10,3 Tage) und erreichten damit ein Allzeittief.

Krankenstandsgeschehen geprägt von COVID-19, Arbeitsunfälle sehr gering

Es ist davon auszugehen, dass die Versicherten häufiger, aber kürzer als in den Jahren davor krank waren. Dies steht vermutlich in Verbindung mit der Zunahme bei den Atemwegserkrankungen, aber auch damit, dass es mit COVID-19 eine zusätzliche Erkrankungsquelle gibt. Seit Sommer 2022 sind die COVID-19 Krankenstände in der Krankenstandsstatistik erfasst, vorher sind die Fehltage aufgrund Absonderungen laut Epidemiegesetz nicht in der Statistik enthalten.

Die Krankenstände sind am höchsten Niveau seit 30 Jahren. Die Zahl der Arbeitsunfälle bewegt sich hingegen auf sehr niedrigem Niveau. 2,7 Prozent der Beschäftigten waren im Jahr 2023 von einem Arbeitsunfall betroffen. Berücksichtigt man nur Arbeitsunfälle im engeren Sinn und klammert Wegunfälle aus, so lag die Unfallquote im Jahr 2023 sogar nur bei 2,3 Prozent.

„Auch wenn die Krankenstände 2022 und 2023 – geprägt vom Auslaufen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden Anstiegen bei Atemwegs- und COVID-19-Erkrankungen – gestiegen sind, ist das Niveau langfristig gesehen vergleichsweise niedrig. Dämpfend wirkt die Reduktion der Arbeitsunfälle und die Verschiebung der Wirtschaftsstruktur in Richtung Dienstleistungen. Darüber hinaus soll weiter auf den Ausbau der psychosozialen Versorgung Wert gelegt werden, denn die durchschnittliche Krankenstandsdauer bei psychischen Erkrankungen ist mit 37 Tagen weiter sehr hoch. Mit einem flächendeckenden Ausbau der psychosozialen Versorgungszentren können wir viele lange Krankenstände verhindern“, erklärt Andreas Huss, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger.

Kosten der Krankenstände

Krankheitsbedingte Fehlzeiten haben auch einen Einfluss auf direkte und indirekte Kosten im System. Die direkten und indirekten betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten der Fehlzeiten beliefen sich im Jahr 2022 auf 5,3 Milliarden Euro bzw. auf 1,2 Prozent des BIP.

„Aus Sicht der Betriebe ist zu hoffen, dass der starke Anstieg der Krankenstandstage um 20 Prozent gegenüber dem langjährigen Schnitt einmalig ist und das Niveau wieder zurückgeht. Denn für die Unternehmen bedeutet das eine enorme Belastung von rund 250 Euro je Krankenstandstag, die durch die Kosten der Entgeltfortzahlung und Überstunden von Kolleginnen und Kollegen sowie durch verlorene Wertschöpfung anfallen. Dazu kommt, dass Krankenstände den Arbeitskräftemangel verschärfen“, so Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung Sozial- und Gesundheitspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich.

„Das Krankenstandsgeschehen zeigt einmal mehr die Wichtigkeit von Prävention, guten Arbeitsbedingungen und bestmöglicher Versorgung von chronischen Erkrankungen. In allen drei Bereichen hat Österreich enormen Aufholbedarf. Wir brauchen Investitionen in die Gesundheit in den Kindergärten, Schulen und in der Arbeitswelt. Das heißt, gleiche Chancen auf Gesundheit für alle Kinder und alle Arbeitnehmer:innen. Eine gesunde Arbeitswelt und gesunde Arbeitnehmer:innen werden wir nur mit Finanzierungsgerechtigkeit für die ÖGK und AUVA erreichen“, betont Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung in der Arbeiterkammer Wien.

Atemwegserkrankungen am meisten verbreitete Krankenstandsursache

Die häufigste Ursache für Krankenstände waren im Jahr 2023 Atemwegserkrankungen, insbesondere im Zusammenhang mit COVID-19, gefolgt von Muskel- und Skeletterkrankungen sowie Erkrankungen des Bindegewebes. Zusammen verursachten diese Erkrankungen 50,5 Prozent aller Krankenstandsfälle und 41,3 Prozent aller Fehlzeiten. Charakteristisch für Atemwegserkrankungen ist, dass das Krankheitsgeschehen mit durchschnittlich 5,4 Tagen besonders kurz ausfällt. Verletzungen und Vergiftungen machten 2023 14,6 Prozent der Krankenstandstage bzw. durchschnittlich 19 Fehltage pro Versichertem bzw. Versicherter aus. Psychische Krankheiten sind für 10 Prozent aller Krankenstandstage verantwortlich, das mit nur 2,6 Prozent der Krankenstandsfälle aufgrund der durchschnittlich 37,2 Fehltagen pro Krankenstandsfall.

„Zwei Fünftel aller Krankenstände im Jahr 2023 sind auf Atemwegserkrankungen zurückzuführen, Grippeschutzimpfungen würden hier dämpfend wirken. Muskel-Skelett-Erkrankungen, die 11 Prozent der Krankenstände und 18,5 Prozent der Krankenstandstage ausmachen und mit dem Alter zunehmen, lassen sich jedenfalls durch gezielte Gesundheitsmaßnahmen reduzieren“, stellt Christine Mayrhuber, Ökonomin und stellvertretende Direktorin im Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO und Vorsitzende der Alterssicherungskommission im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, fest.

Schwerpunkt Lehrlinge und junge Erwerbstätigen

Die Krankenstandsquoten nach Alter folgen grundsätzlich einem leicht U-förmigen Muster: Jugendliche unter 20 Jahren sind vergleichsweise häufig krank, ab dem 20. Lebensjahr gehen die al-tersspezifischen Krankenstandsquoten zurück. Ab 45 Jahren steigt die durchschnittliche Zahl an Krankenstandstagen wieder an und erreicht bei Beschäftigten zwischen 60 und 64 Jahren den Höchstwert. Ältere Arbeitskräfte treten seltener als junge einen Krankenstand an, sie sind jedoch überproportional oft von langen Krankenstandsfällen betroffen.

Während 2023 eine Krankschreibung bei Infektionskrankheiten bei den 15- bis 19-Jährigen bzw. 15- bis 29-Jährigen im Schnitt 3,2 bzw. 3,7 Tage dauerte, waren es bei psychischen Erkrankungen 13,8 Tage bei den 15- bis 19-Jährigen und 23,6 Tage bei den 15- bis 29-Jährigen. Die mit Abstand längsten durchschnittlichen Krankheitsdauern zeigen sich bei den 15- bis 29-Jährigen damit für psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen. Die zweitlängsten Fehlzeiten entstanden bei Verletzungen und Vergiftungen, die bei den Jüngeren im Schnitt 12,0 Tage dauerten. Im Vergleich zur Gesamtheit der Versicherten waren verletzungsbedingte Krankenstände bei den unter 20-Jährigen zwar etwas häufiger, im Schnitt aber um 7 Tage kürzer.

Insgesamt zeigen sich höhere Krankenstandsquoten beim Berufseinstieg bzw. zu Beginn der Erwerbsphase sowie ein erhöhtes Risiko für Fehlzeiten in Abhängigkeit vom Qualifikationsniveau. Vorhandene Befunde belegen dabei den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Fehlzeiten und den Arbeitsbedingungen und dem Qualifikationsniveau. Das bestätigen auch Analysen aus anderen Ländern. Unter den Berufseinsteiger:innen ist die Quote der Arbeiter:innen höher als in anderen Altersgruppen. Auch die Quote der Arbeitnehmer:innen mit geringen Entscheidungsmöglichkeiten im Job ist höher als in anderen Altersgruppen. Beide Besonderheiten dieser Altersgruppe stehen auch in anderen Altersgruppen für höhere Krankenstandshäufigkeiten.

Auch zeigen die durchgeführten Analysen insgesamt einen besseren Gesundheitszustand in der Gruppe der 15- bis 29-Jährigen als bei den 30- bis 39-Jährigen, wobei die Jüngeren eine höhere Krankenstandsquote aufweisen. Die Krankenstandsquote hängt offensichtlich nicht allein vom Gesundheitszustand der Beschäftigten ab, sondern auch vom Gesundheitsverhalten und davon, wie gut die Arbeitsplätze zu den individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen passen. Zudem spielt die Arbeitsumgebung eine wichtige Rolle: Eine unterstützende und gesundheitsfördernde Arbeitskultur kann die Krankenstandsquote senken, unabhängig vom allgemeinen Gesundheitszustand der Beschäftigten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit frühzeitiger Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention.

„Der diesjährige Schwerpunkt zeigt eine andere Krankenstandssituation bei Jugendlichen und Lehrlingen und insbesondere ein anderes Risikoverhalten jüngerer Männer. Hier sollte bereits so früh wie möglich auf Prävention gesetzt und ein Bewusstsein für gesunde Lebensweisen geschaffen werden“, betont auch der Abteilungsleiter für Sozial- und Gesundheitspolitik in der Wirtschaftskammer.

Neuere Arbeiten zeigen, dass bei Jugendlichen mit einer schlechteren psychischen Gesundheit ein statistischer Zusammenhang mit der täglich vor Bildschirmen im Internet oder am Smartphone verbrachten Zeit festgestellt werden kann. Das unterstreicht nochmals die Wichtigkeit für Maßnahmen zur Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz auf breiter Ebene.

„Die höheren Krankenstände der jüngsten Beschäftigtengruppe haben auch mit den besonders niedrigen Entscheidungsbefugnissen in dieser Arbeitnehmer:innen-Gruppe und damit tendenziell eher etwas schlechteren Arbeitsbedigungen zu tun. Die Sozialversicherung setzt sich mit der Betrieblichen Gesundheitsförderung bereits stark für gesunde Arbeitsbedingungen auch für Lehrlinge und junge Erwerbstätige ein. Deshalb werden in den Projekten auf Betriebsebene immer die Betriebsrät:innen eingebunden. Auch die Jugendvertrauensrät:innen sollen hier eine größere Rolle bekommen. Schon im Setting Schule ist die Sozialversicherung aktiv und setzt viele Maßnahmen für die Gesundheit junger Menschen, besonders was die Stärkung der Gesundheitskompetenz betrifft. Wir müssen hier insgesamt gemeinsam besser werden, gute Rahmenbedingungen schaffen und die jungen Menschen stärken“, unterstreicht Andreas Huss.

Wolfgang Panhölzl wendet bezogen auf die jungen Erwerbstätigen ein, „Alarmierend ist auch das Krankheitsgeschehen von jungen Erwerbstätigen. 8,2 Prozent der 15-29-jährigen Männer waren 2023 wegen Muskel- und Skeletterkrankungen im Krankenstand, psychische Erkrankungen weisen auch bei den Jungen die höchste Dauer auf und rund ein Fünftel der jungen Erwachsenen treten mit Übergewicht bzw. Adipositas ins Erwerbsleben ein. Die AK fordert ein Präventionsgesetz, das die Verantwortung und die Finanzierung für Prävention bei Bund, Ländern und Sozialversicherung festlegt. Die Erfahrung zeigt, wenn sich Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen manifestieren, bleiben sie auch bei Erwachsenen erhalten, führen in vielen Fällen zu Invalidität und kürzerer Lebenserwartung.“

„Die österreichische Wirtschaft ist stark auf das hohe Wissen und Können ihrer Erwerbstätigen angewiesen und stellt damit einen wichtigen Wettbewerbsfaktor im internationalen Kontext dar. Die Gesundheit der Arbeitskräfte spielt eine zentrale Rolle für die Produktivität und Innovationsfähigkeit Österreichs. Um die Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft nachhaltig zu sichern, müssen Schulen, Betriebe und Gesellschaft verstärkt in die Erhaltung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der Erwerbstätigen und Kinder investieren, um die – wie der neue Fehlzeitenreport zeigt –2023 gestiegenen Krankenstände zu dämpfen, ergänzt Christine Mayrhuber.

Fehlzeiten-Dashboard zur Abbildung des Krankenstandsgeschehens

Um das Krankenstandsgeschehen in Österreich in Zukunft noch besser und zeitaktueller abbilden zu können, hat die Sozialversicherung das sogenannte „Fehlzeiten-Dashboard“ entwickelt. Das Fehlzeiten-Dashboard liefert einen Überblick über die Entwicklung und Verteilung der krankheitsbedingten Fehlzeiten in Österreich ab 2020 und wird jährlich Mitte April aktualisiert. Darin ersichtlich ist unter anderem die Entwicklung der Krankenstände nach Geschlechtern, Branchen und Krankheitsgruppen. Eine historische Betrachtung sowie weitreichende Analysen und Erkenntnisse zu unterschiedlichen Schwerpunkten finden sich im Fehlzeitenreport selbst. Unter www.dashboards.sozialversicherung.at/fehlzeiten erhält man Zugriff zum neuen Fehlzeiten-Dashboard

Arbeitsplatzevaluierung – neue Infos der Arbeitsinspektion

Evaluation psychischer BelastungenFür die Umsetzung der neuen ASchG-Novelle gibt es nun aktuelle gesetzesbezogene Informationen des Arbeitsinspektorats
“Mit der ASchG-Novelle (BGBl. I Nr. 118/2012), die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist,

  • werden Arbeitspsycholog/innen ausdrücklich als „sonstige geeignete Fachleute” genannt, die von den Arbeitgeber/innen auch mit der Arbeitsplatzevaluierung beauftragt werden können und
  • wird die Wichtigkeit der psychischen Gesundheit und der Prävention arbeitsbedingter psychischer Belastungen stärker betont.

Zu den Neuerungen im ASchG hinsichtlich Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen wurde vom BMASK in Zusammenarbeit mit der WKÖ und der Industriellenvereinigung (IV) ein Merkblatt für Betriebe veröffentlicht.

1. Überblick über die Änderungen im ASchG per 1.1.2013 samt Erläuterungen …  weiterlesen

Video – Evaluierung psychischer Belastungen


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Webseite zum Thema „Evaluierung“:  www.evaluierung-psychischer-belastungen.at

Neue Infoschiene/Webseite/Newsfeed: Evaluierung psychischer Belastungen

Aufgrund äußerst zahlreicher Anfragen zum Thema „Evaluierung psychischer Belastungen“ im Betrieb haben wir hierzu -kurzentschlossen- eine eigene Infoschiene im Web errichtet.

Hier wird ab sofort kontinuierlich über die betrieblichen Anforderungen der ASchG-Novellierung 2012 berichtet,natürlich mit Themenschwerpunkt „Belastungsevaluation.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch – hier klicken 

Ihr Dr.Blind & Team

ASchG-Novelle 2012/2013 – Arbeitspsychologie wird betrieblich eingeführt – Evaluierung psychischer Belastungen – Medienbeitrag 31.5.2012 – Seminar Special

Info-Webseite: http://evaluierung-psychischer-belastungen.at

 

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NEU! Spezialseminar zum Thema (auch mit 15% KMU-Rabatt)

Wir freuen uns,daß unser Kunde die ERSTE BANK AG bzw. ERSTE GROUP  die im Medienbericht angeführten, im nationalen Rahmen einzigartigen Ergebnisse bzgl. Fehlzeitenreduzierung psychischer Erkrankungen aufweisen kann.

Download:

Evaluierung psychischer Belastungen

                                   

Novelle/Zeitplan: Die österreichischen Sozialpartner haben eine inhaltliche Einigung getroffen und diese an den zuständigen Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz übermittelt. Das Ministerium plant daher eine entsprechende Gesetzesvorlage zur Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), die im Sommer 2012 begutachtet und schlussendlich im Herbst 2012 einer Beschlussfassung im Nationalrat zugeführt werden soll, damit eine Inkraftsetzung per 1.1.2013 erfolgen kann.

AschG-Novelle – Evaluierungs- und Maßnahmenpflicht bzgl. psychischer Belastungen für Betriebe ab 2013

Sozialpartnereinigung zum ArbeitnehmerInnenschutz kann spürbare Verbesserungen gegen Burnout und psychische Erkrankungen bringen.

Aktuell: Seminar-Special 

Download Medienbeitrag: Evaluierung psychischer Belastungen

Wien (OTS) – „Mehr Arbeits- und Organisationspsycholog/innen in den Betrieben, eine systematische Erfassung von Stressoren und psychischen Belastungen der Arbeit: Im künftigen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz haben die Sozialpartner einen wichtigen Meilenstein im Kampf gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz gesetzt“, sagt Alice Kundtner, Leiterin des Sozialbereichs der
Arbeiterkammer. In dieser Woche haben sich die Sozialpartner einvernehmlich auf bedeutsame Verbesserungen im ArbeitnehmerInnenschutz geeinigt. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz,
das Arbeitsinspektionsgesetz und die arbeitsmedizinische Ausbildungsverordnung werden novelliert. „Es lohnt sich für alle,wenn dieser Entwurf der Sozialpartner so durchkommt, wie er jetzt geplant ist“, so Kundtner. Für die Betriebe, weil sie weniger Kosten durch lange Krankenstände und reduzierter Leistungsfähigkeit haben.Für die Beschäftigten, weil sie vor Schmerz und Leid bewahrt werden,
gesund in der Arbeit bleiben können und Gesundheit Teil ihrer Lebensqualität ist. Für die Sozialversicherung, weil gesunde Menschen die Ausgaben der Sozialversicherung reduzieren.

Kern der Neuerungen, die ab 2013 wirksam werden sollen, ist die Erweiterung der Evaluierungsverpflichtung. Es kommt eine klare und eindeutige Verpflichtung psychische Belastungen der Arbeit zu erheben, zu beurteilen und geeignete Maßnahmen zur psychischen Gesundheit der ArbeitnehmerInnen festzulegen und umzusetzen. Zur Unterstützung der Arbeitgeber bei der Evaluierung psychischer Belastungen müssen dafür fachkundige Personen insbesondere Arbeits-
und OrganisationspsychologInnen eingesetzt werden.

Weitere inhaltliche Neuerungen sind:
Künftig haben Arbeitgeber im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht auch explizit auf die Integrität und Würde der bei ihnen arbeitenden Menschen zu achten. Die Aufgaben der Arbeitsinspektion werden um den Schutz der
Integrität und Würde der ArbeitnehmerInnen erweitert. Die Ausbildungsdauer zur ArbeitsmedizinerIn wird um 30 Stunden auf 390 Stunden erhöht, um mehr Kenntnisse über altersgerechte Arbeitsplätze zu vermitteln und über Grundlagen der Arbeits- und Organisationspsychologie besser Bescheid zu wissen. Bei der Evaluierung psychischer Belastungen haben sich die Sozialpartner zudem darauf geeinigt, Aktivitäten zur praxisgerechten Umsetzung zu setzen. Die Betriebe sollen durch Informationen und Beratung unterstützt werden.

„Die AK hat seit Jahren darauf hingewiesen: Burnout und stressbedingte seelische Erkrankungen sind die neuen Krankmacher am Arbeitsplatz. Mit den gesetzlichen Neuerungen ist uns ein wichtiger
Teilerfolg für die Beschäftigten gelungen“, sagt Kundtner. Es ist mittlerweile anerkannt, dass psychische Erkrankungen als Folge von Arbeitsbelastungen auf dem Vormarsch sind. Mit den jetzt
vereinbarten Verbesserungen trägt der ArbeitnehmerInnenschutz ein Stück zeitgemäßer den Anforderungen der modernen Arbeitswelt Rechnung.
Internationale Studien zeigen auf, dass in Europa zwischen 50 und 60 Prozent der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle in der einen oder anderen Form auf Stress in der Arbeit zurückzuführen sind. Die
dadurch bedingte Verringerung der Arbeitsleistung und -produktivität führt zu negativen gesamtwirtschaftlichen Kosten von bis zu 3,3 Milliarden Euro. Je nachdem ob neben den direkten medizinischen und betrieblichen Kosten auch noch eine Bewertung des Verlusts an
Wertschöpfung und der Einschränkung der Produktivität vorgenommen
wird.

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Psychische Belastungen nehmen zu – hoher Bedarf an Arbeitspsychologie

STUDIE ÖSTERREICH

Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen oder Bluthochdruck sind nur einige der Krankheitsbilder, die durch psychische Belastungen in der Arbeitswelt ausgelöst werden. Seit 1995 haben sich die Krankenstandstage infolge von psychischen Erkrankungen mehr als verdoppelt, jährlich entstehen dadurch messbare gesamtwirtschaftliche Kosten von 3,3 Milliarden Euro, rechnete Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel vor. Wifo-Expertin Gudrun Biffl setzt die Kosten aber fast doppelt so hoch an.Click here to find out more!

Die Donauuniversität Krems und das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) haben im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) erforscht, was arbeitsbedingte psychische Erkrankungen auslösen und was sie Österreich kosten. Studienautorin Biffl erklärte, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten bis zu doppelt so hoch wären, wenn man die Arbeitnehmer miteinberechnet, die „unter Stress Pillen einwerfen“ und so zwar am Arbeitsplatz erscheinen, aber nicht mehr produktiv sind.

Weniger Arbeitsunfälle

Die Krankenstandstage wegen psychischer Probleme steigen seit Jahren, während die Zahl der Arbeitsunfälle zurückgeht. Dieses Phänomen sei ein Zeichen für den Wandel der Wirtschaftswelt. Vor 20 Jahren arbeitete die Hälfte in der Industrie, heutzutage sind zwei Drittel der Beschäftigen in der Dienstleistung tätig. Besonders betroffen seien Arbeitnehmer, die viel mit anderen Menschen zu tun haben, also Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen oder auch Lehrer.

Der Druck sei in den letzten Jahren stark gestiegen, sagte Tumpel und verwies auf knappere Lieferzeiten, mehr Konkurrenz und auf Fristen, die eingehalten werden müssen. Der Leistungsdruck werde von den Chefs auf die Mitarbeiter übertragen, die Verantwortung übernehmen und mehrere Tätigkeiten gleichzeitig ausführen müssen, so Tumpel. Dazu kommen Jobunsicherheiten oder fehlende Anerkennung, die zusätzlich belasten. Ein noch höheres Risiko psychisch zu erkranken haben Migranten und Arbeitslose.

Drittel der Frühpensionen aus psychischen Gründen

Die Studie zeigt, dass Personen, die von psychischen Arbeitsbelastungen betroffenen sind, häufiger gesundheitliche Probleme bekommen, dazu zählen Stress, Kopfschmerzen aber auch Herz-Kreislauferkrankungen. Außerdem beeinflussen sich psychische und körperliche Krankheiten gegenseitig und verlängern so die Krankenstände noch weiter. Bei psychischen Belastungen sind die durchschnittlichen Fehlzeiten mit 3,3 Ausfallstagen mehr als dreimal so hoch wie bei Krankenständen ohne arbeitsbedingte Belastungen (im Schnitt 0,8 Tage).

2011 erfolgte ein Drittel aller Neuzugänge bei den krankheitsbedingten Frühpensionierungen aus psychischen Gründen. Belastete Mitarbeiter steuern entweder auf die Invaliditätspension oder auf ein Burn-out zu, warnte Biffl. Die Arbeiterkammer fordert daher, dass neben Arbeitsmedizinern auch Psychologen gesetzlich im Arbeitnehmerschutz verankert werden. Die 500 dafür notwendigen Arbeitspsychologen würden laut AK 46 Millionen Euro pro Jahr kosten.