Mobbingurteil – Dienstgeber haftet

Es gibt -neuerdings- wieder ein Mobbingurteil (OGH 9 Ob A 131/ 11x ), demgemäß eine Dienstgeberhaftung in einem konkreten Fall festgestellt wurde. Geklagt hatte ein Mann, der in einem Re­habzentrum arbeitete.

Er übte  verschiedene Tätigkeiten aus, zuletzt war er Hausarbeiter und Portier. Doch der Mann fühlte sich von seinen Kollegen schlecht be­handelt. Beschimpfungen, Computermani­pulationen und weitere Schikanen sollen an der Tagesordnung gewe­sen sein. Den Grund ortete das Mobbingopfer darin, dass er im Gegensatz zu seinen Kollegen keinen Alkohol trank. Bei Feiern war der Mann unerwünscht. Der Alkohol schien in dem Rehabilitationszen­trum aber auch während der Arbeit eine Rol­le zu spielen. Als der Mann das einmal dem Verwaltungsleiter des Betriebs sagte, veran­lasste dieser eine Prüfung: Dabei wurden lee­re Flaschen gefunden.

Wer konkret Alkohol während der Arbeit trank, konnte nicht er­mittelt werden.
Der Gemobbte suchte so­dann im Spätsommer 2008 den Werkmeister auf, der für die
Diensteinteilung zuständig war. Der Mitarbeiter erzählte, er könne nicht mehr
schlafen, weil er in der Arbeit schika­niert werde. Darauf teilte der
Werkmeister den Mann für Arbeiten ein, die er entweder allein oder mit einem
Kollegen, mit dem er sich gut verstand, ausüben konnte. Der Mann sah sich
aber wegen des Kli­mas am Arbeitsplatz im September 2008 ver­anlasst, ein E-Mail
an den Verwaltungsleiter zu schreiben. Darin schilderte er sein schwe­res
Vorleben, das „aus sechs Pflegeplätzen bestand“, und seine Schussvertäubung,
de­retwegen er Hörgeräte tragen müsse. Aber „in keinem Betrieb habe ich solche
Intrigen – hinterhältige Aktionen – erlebt“, schrieb der Mann, der um eine Versetzung bat.

„Schwein,Kameradensau, Verräter!“

Im Herbst kam es zu zwei Besprechungen im Betrieb, an dem neben dem Mobbingopfer u. a. auch der Verwaltungsleiter und der Werkmeister teilnahmen. Dabei sagte man dem Mann, dass es keine Möglichkeit für einen Arbeitsplatzwechsel gebe. Man werde sich aber um eine Mediation bemühen, da die Situation zwischen den Hausarbeitern anders nicht mehr lösbar sei, hieß es im No­vember. Die Mediation fand jedoch nie statt.
Begründet wurde dies damit, dass der ange­fragte Mediator erst im Jänner 2009
einen Termin frei habe. Zu Beginn dieses Jahres ging der betroffene Mann aber
bereits in den Krankenstand. Denn das Mobbing hatte sich verschärft. Die Mitarbeiter bekamen Wind davon, dass der Mann den Verwaltungsleiter über die Zustände informiert hatte. Deswe­gen hatte der Betrieb begonnen, vermehrt Al­koholkontrollen durchzuführen. Die Kolle­gen rächten sich: Als „Schwein, Kameraden­sau, Verräter, und A . . .“ wurde das Mob­bingopfer bezeichnet. Wenn der Gemobbte als Portier arbeitete, wurde er nie abgelöst und konnte keine Pause machen.

Ein Jahr war der Mann in Krankenstand. Akute Kreuzschmerzen und ein Ausschlag, der auf Stress sowie aufdie Medikamente und Spritzen zurückzuführen sei, würde ihn arbeitsunfähig machen, erklärte der Mann. Schließlich trat er aus dem Arbeitsverhältnis aus und ging in Pension.

Im nun folgenden Prozess klagte der Mann rund 7000 Euro von seinem Ex-Arbeitgeber ein. Darin enthalten waren unter anderem 5000 Euro Verdienst­entgang, tausend Euro Schmerzengeld sowie Kosten für Ärzte. Die beiden ersten Instan­zen, das Landes- und das Oberlandesgericht Graz, wiesen die Klage ab. Der Arbeitgeber habe immer angemessen reagiert.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) sah die Sache anders : Die Richter betonten, dass den Arbeitgeber die Fürsorgepflicht für seine Mit­arbeiter treffe und er schnell
handeln müsse, wenn er von Mobbing erfährt. Ansons­ten mache sich der
Arbeitgeber schadenersatzpflichtig. Bis hin zum Angebot der Mediation habe sich
der Betrieb korrekt verhalten, mein­ten die Höchstrichter (9 Ob A 131/ 11x) .

Doch diese Mediation hätte man wegen der Brisanz nicht erst fürs kom­mende Jahr ansetzen dürfen, erklärten die Richter. Daher erhalte der Ar­beitnehmer Schadenersatz,
sofern seine Erkrankung tatsächlich auf das Mobbing zurückzuführen ist. Ob dies
der Fall ist, müssen nun aber noch die Unterinstanzen klären.

Gemobbte Ostdeutsche klagte erfolgreich
Schadenersatzansprüche könnten bei Mob­bing nicht nur auf das
Gleichbehandlungs­recht, sondern auch auf das allgemeine Scha­denersatzrecht
gestützt werden, erklärt Gert­ Peter Reissner, Professor für Arbeits- und
So­zialrecht an der Uni Innsbruck. Dadurch sind höhere Klagssummen möglich, weil
man die Summe nicht bloß am immateriellen, son­dern am tatsächlichen Schaden
bemessen kann. Reissner verweist gegenüber der „Pres­se“ auch auf einen Fall aus
dem Vorjahr, in dem eine Frau ihre Ersatzansprüche durch­setzt habe: Sie ist in
einem Kärntner Betrieb wegen ihrer Herkunft aus Ostdeutschland ge­mobbt
worden (9 Ob A 132/10t)

 

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