Die Regierung hat sich mit den christlichen Kirchen am Dienstag auf eine neue Regelung für den Karfreitag „geeinigt“. Der Feiertag, der nach einem EuGH-Urteil allen Arbeitnehmern und nicht nur den evangelischen und altkatholischen zusteht, wird gestrichen, so der Inhalt einer gemeinsamen Aussendung der Regierungskoordinatoren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ).
„Wir haben uns nun gemeinsam dazu entschlossen, einen Schritt weiter zu gehen und eine bessere Lösung zu schaffen: einen ‚persönlichen Feiertag‘, mit dem die Religionsausübung ermöglicht wird“, hieß es in der Aussendung. Diese Lösung schaffe Klarheit und Rechtssicherheit für alle und Gerechtigkeit und Gleichbehandlung im Sinne des EuGH-Urteils, so Blümel und Hofer in der Aussendung.
In vielen Gesprächen mit den verschiedenen Beteiligten seien unterschiedliche Varianten besprochen und deren Auswirkungen und Umsetzbarkeit diskutiert worden. Insbesondere mit Vertretern der Glaubensgemeinschaften habe es einen engen Austausch gegeben, um zu einer akzeptablen Lösung für alle Seiten zu gelangen.
Wie gerecht ist die Lösung?
„Einseitiger Rechtsanspruch“
„Im Rahmen des bestehenden Urlaubsanspruches kann künftig ein Tag als persönlicher Feiertag beansprucht werden – mit einseitigem Rechtsanspruch des Arbeitnehmers. Dieser muss künftig drei Monate zuvor angemeldet werden – für das Jahr 2019 wird eine kürzere Frist definiert“, hieß es weiter.
„Sollte der Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers, verursacht durch dringende betriebliche Gründe, dennoch an diesem selbst gewählten ‚persönlichen Feiertag‘ freiwillig seiner Arbeit nachgehen, so erhält er für diesen Tag sämtliche Vergütungen wie an jedem anderen Feiertag. Der Urlaubsanspruch bleibt selbstverständlich bestehen. Damit erhält der Arbeitnehmer stattdessen einen anderen Urlaubstag“, so die Aussendung.
Strache sieht Schuld bei AK
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte am Vormittag gesagt: Die Regierung wolle in der Karfreitag-Frage „so gut wie möglich bei der alten Regelung bleiben, aber ohne Diskriminierung“. Näheres erläuterte er dazu allerdings nicht. Er gab aber klar der Arbeiterkammer (AK) die Schuld daran, dass die „vorherige Lösung, mit der alle zufrieden waren“, vom EuGH aufgehoben wurde. Diese habe nämlich die entsprechende Klage eines Nichtgläubigen unterstützt. „Wir haben das nicht verursacht“, so Strache.
WKÖ: Salomonische Lösung
Angetan ist die Wirtschaftskammer (WKÖ) von der neuen Karfreitag-Regelung. Generalsekretär Karlheinz Kopf sieht einen „vernünftigen Kompromiss und eine salomonische Lösung eines sehr komplexen Sachproblems“. Es liege nun ein klarer Plan am Tisch, der auch die Wirtschaft nicht überfordere und Rechtssicherheit gewährleiste. In der Praxis werde niemand schlechter gestellt.
Zufrieden ist auch der Handel: „Am Karfreitag, einem sehr umsatzstarken Tag für den heimischen Handel, können die Geschäfte in Österreich geöffnet bleiben – und das ist gut so“, zeigte sich Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer angetan.
SPÖ kritisiert neue Regelung scharf
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner übt scharfe Kritik an der Karfreitag-Regelung der Regierung. Diese sei völlig untauglich und arbeitnehmerfeindlich. Man sehe, wie sehr ÖVP und FPÖ die Wirtschaftsinteressen vor die Interessen der Beschäftigten stellten. Rendi-Wagner erinnerte in einer Aussendung daran, dass ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, sein Kanzleramtsminister Blümel und die FPÖ noch vor Kurzem versprochen hätten, dass niemandem etwas weggenommen würde: „Jetzt sieht man, was die Versprechen von Kurz, Blümel, Strache und Hofer wert sind.“ ÖVP und FPÖ hätten gelogen. Die SPÖ werde dagegen einen Gesetzesvorschlag für einen allgemein freien Karfreitag einbringen.
„Schwarz-Blau nimmt den ArbeitnehmerInnen einen Urlaubstag weg, anstatt dass sie einen Feiertag mehr bekommen“, so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Wie bei jeder Regelung, die von dieser Regierung vorgelegt werde, setzte sich die Wirtschaft auf allen Ebenen durch, und Arbeitnehmerinteressen würden mit den Füßen getreten. Wieder schaffe die Regierung keine saubere Lösung, so wie der EuGH vorgeschlagen habe, nämlich einen freien Karfreitag für alle, so Muchitsch in einer Aussendung.
ÖGB: Verhöhnung der Arbeitnehmer
Der ÖGB sieht in der neuen Karfreitag-Regelung eine „Verhöhung der Arbeitnehmer“. Zuerst werde evangelischen und altkatholischen Beschäftigten ein halber Feiertag gestrichen und jetzt sogar der ganze, ärgerte sich der Leitende Sekretär Bernhard Achitz im Gespräch mit der APA.
Bisher ist der freie Karfreitag für diese Religionsgruppen auch durch den Generalkollektivvertrag geschützt. Achitz kann angesichts des noch nicht vorliegenden Gesetzestextes nicht beurteilen, inwiefern die Koalition auch hier eingreifen will. Theoretisch möglich wäre es, freilich mit einer Brüskierung der Kollektivvertragspartner verbunden, wie der ÖGB-Vertreter betonte.
Wichtig sei der Regierung sichtlich gewesen, dass der Wirtschaft, vor der sie große Angst habe, alle Wünsche erfüllt würden, die Arbeitnehmer dafür nichts bekämen, so Achitz weiter. Mit dem ÖGB habe ohnehin niemand gesprochen. Sichtlich lächerlich findet Achitz die Rhetorik der Regierung bezüglich eines „persönlichen Feiertags“ innerhalb des eigenen Urlaubskontingents, auf den bei rechtzeitiger Anmeldung ein Rechtsanspruch bestehen soll. Denn es sei schon jetzt so, dass der Arbeitgeber vor Gericht gehen müsste, wenn er einen lange beantragten Urlaubstag verhindern will. Rechtliche Fragen hält der ÖGB-Sekretär auch für offen. Fragen wie Gleichheitswidrigkeit oder Eingriff in die Kollektivvertragsautonomie blieben ohne Gesetzestext ungeklärt.
AK lehnt Modell ab
Die Arbeiterkammer (AK) stieß in ein ähnliches Horn. „Was ist noch weniger als ein Viertelfeiertag? Nichts. Nach diesem Motto agiert die Regierung offenbar“, so AK-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung. Denn dass ein „persönlicher Feiertag“ im Rahmen des bestehenden Urlaubsanspruchs eingeführt werde anstelle des bisherigen Modells, werde von der Arbeiterkammer abgelehnt. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen“, so Anderl weiter.
Der Europäische Gerichtshof habe erkannt: Der Karfreitag hätte seit Jahren (seit Österreich die Gleichbehandlungsrichtlinie unterschrieben hat) allen als Feiertag gewährt werden müssen, hieß es in der Aussendung weiter. „Das hat die AK erreicht, weil sie einem Kläger Rechtsschutz gegeben hat. Der AK wurde recht gegeben, den AK-Mitgliedern wurde ein Feiertag zugesprochen“, so Anderl.
„Und was tut die Regierung? Sie nimmt den Beschäftigten diesen Feiertag einfach wieder weg“, so die Aussendung weiter. „Statt allen einen Feiertag zu lassen, muss nun für einen Feiertag ein Urlaubstag verbraucht werden. Damit wird allen Protestanten, Methodisten und Altkatholiken ein Feiertag genommen, den sie vorher hatten. Das ist eine einseitige Lösung, bei der nur die Wirtschaft profitiert, und respektlos gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“, schloss Anderl.
Bünker: Positive Lösung mit Wermutstropfen
Für den evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker ist die von der Regierung vorgestellte Karfreitag-Regelung eine „positive Lösung mit Wermutstropfen“. Auch die katholische Bischofskonferenz begrüßte die Neuregelung. Positiv ist für Bünker, dass die Variante mit dem „halben Feiertag“ ab 14.00 Uhr „vom Tisch“ sei. Positiv sei weiters, „dass nun Evangelische die Möglichkeit haben, den ganzen Karfreitag als ihren Feiertag zu begehen“. Außerdem sei diese Lösung diskriminierungsfrei.
„Ich freue mich, dass auch für Angehörige anderer Religionsgemeinschaften die Möglichkeit eröffnet wird, einen selbst gewählten Feiertag zu haben“, so der evangelische Bischof in einer Aussendung. Als „Wermutstropfen“ bezeichnete er allerdings die Tatsache, „dass dieser selbst gewählte Feiertag aus dem bestehenden Urlaubskontingent zu nehmen ist“.
Katholische Kirche erfreut
Der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, bezeichnete es als „erfreulich, dass eine Lösung gefunden wurde, die für Evangelische und Altkatholiken akzeptabel ist und ihnen ermöglicht, den Karfreitag als Feiertag in gewohnter Weise zu begehen“.
Der katholischen Kirche sei es von allem Anfang an wichtig gewesen, dass Evangelische weiterhin den Karfreitag als Feiertag begehen können, – Schipka erinnerte daran, dass auch Kardinal Christoph Schönborn das eingemahnt habe. Dass jetzt eine zufriedenstellende Lösung zustande gekommen sei, „ist Zeichen einer religionsfreundlichen Politik gerade im Blick auf Minderheiten“, sagte Schipka laut Kathpress.