Jeder vierte junge Mitarbeiter wechselorientiert

Viele junge Menschen im Berufsleben sind unglücklich und stark belastet. Dieses Bild zeichnet eine Sonderauswertung des Arbeitklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich. „Ein Viertel will den Job wechseln“, sagte Sozialforscher Daniel Schönherr am Dienstag. Mehr als die Hälfte der jungen Beschäftigten arbeiten unter atypischen Bedingungen.

Vor allem die Befristungen nehmen laut AK zu. Die Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria ergab, dass 18 Prozent der 15- bis 25-Jährigen ein befristetes Arbeitsverhältnis haben. „Das sind viermal so viele wie bei Erwachsenen und doppelt so viele wie vor 20 Jahren“, so Schönherr vom Institut Foresight. Lehrlinge seien da nicht eingerechnet.

Vor allem junge Beschäftigte in den Bereichen Tourismus, Landwirtschaft, Unterricht fielen in diese Kettenverträge. Mit Stress behaftet sei auch die vergleichsweise kurze Anstellungsdauer von durchschnittlich nur sechs Monaten – bei älteren Arbeitnehmer liege der Schnitt bei zwölf Monaten.

Druck durch Befristungen

„Besonders junge Beschäftigte brauchen mehr Sicherheit in ihrem Arbeitsleben. Deshalb müssen strengere Regeln bei der Arbeitskräfteüberlassung für unter 18-Jährige eingeführt werden“, sagte AK-Oberösterreich-Präsident Andreas Stangl. Hinzu komme, dass der Erhebung zufolge 16 Prozent der Jungen auch in befristeten Mietverhältnissen leben. „Das ist vermutlich auch ein Grund, warum die Arbeitszufriedenheit sinkt“, so Schönherr.

„Die Arbeitszufriedenheit stürzt in vielen Bereichen ab.“ Vor der Pandemie, 2019, sei sie noch über jener der Älteren gelegen – 81 Prozent waren zufrieden, jetzt (2023) sind es nur noch 60 Prozent. Mit ihrem Leben insgesamt waren damals 87 Prozent der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zufrieden, aktuell sind es 71 Prozent versus 80 Prozent bei den über 25-Jährigen (2019: 86 Prozent).

Bei den älteren Erwachsenen erhole sich die Zufriedenheit mit dem Beruf mittlerweile wieder, bei den jüngeren stagniere sie. „Bei den Erwachsenen ist die Arbeitszufriedenheit auch gesunken, aber nicht so stark wie bei den Jungen“, sagte Schönherr.

Unzufriedenheit mit Arbeitsdruck

Mit den Kolleginnen und Kollegen sind nur zwei Drittel (68 Prozent) der jungen Beschäftigten zufrieden – vor der Coronavirus-Pandemie waren es noch 85 Prozent. In der Arbeit durch Einsamkeit und Isolation stark belastet fühlen sich 14 Prozent der Jungen und damit doppelt so viele wie bei den Älteren (sieben Prozent). Bei den unter 25-Jährigen, die im Homeoffice arbeiten, treffe das sogar auf ein Drittel zu. Das sei auch den instabilen Arbeitsverhältnissen geschuldet, sagte IFES-Geschäftsführer Reinhard Raml, und häufigem Homeoffice.

25 Prozent der Jungen und 21 Prozent der Älteren klagen über ständigen Arbeitsdruck ohne Zeit zum Verschnaufen. 21 Prozent der unter 25-Jährigen beklagen zudem einen ständigen Wechsel der Arbeitsabläufe. „Den Jüngeren wird es derzeit viel schwerer gemacht im Berufsleben“, so Raml.

Vor der Pandemie seien die Jüngeren beim Berufseinstieg zufriedener gewesen. „Was lange Zeit stabil war, hat sich durch die Pandemie verändert, das heißt, wir stagnieren auf einem Niveau, das durchaus besorgniserregend ist.“ Die Pandemie sei ja schon eine Weile vorbei. „Das ist jetzt schon eine Form von Long Covid“, so der Meinungsforscher.

„Ausgeprägtes Gefühl von Arbeitsunlust“

Das Arbeitsumfeld habe sich stark verdichtet. 71 Prozent der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten „ein relativ stark ausgeprägtes Gefühl von Arbeitsunlust“ – 2019 waren es 41 Prozent. Das sei nicht mit Faulheit gleichzusetzen. Stark gestiegen seien auch Depressionen. „Die Jugendpsychiatrie ist voll.“ Doch auch die generelle Gereiztheit infolge von Stress und Druck sei relativ hoch. Das Nicht-Abschalten-Können habe nach der Coronavirus-Pandemie stark zugenommen.

„Die Struktur ist nicht so, dass wir hier Entspannung am Arbeitsmarkt sehen“, sagte Raml. In den nächsten zehn Jahren gingen sehr viele Menschen in Pension. „Es ist sicher so, dass die Arbeitsverdichtung zunimmt.“ Smartphones und die neuen Medien verdichteten den Druck, sagte der IFES-Chef auch mit Blick auf die ständige Erreichbarkeit.

Die Mehrheit der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann der Erhebung zufolge nicht von ihrem Job leben und ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Vor der Pandemie kamen 60 Prozent ohne finanzielle Unterstützung aus, jetzt sind es nur noch 40 Prozent. 28 Prozent könnten es sich nicht leisten, auf Urlaub zu fahren, und 16 Prozent hätten Sorge, dass sie sich in einem halben Jahr die Miete nicht mehr leisten können.

Forderungen der Arbeiterkammer

Die AK fordert nun ein Verbot von Leiharbeit und befristeten Arbeitsverhältnissen für unter 18-Jährige, sofern keine Begründung wie etwa Karenzvertretung oder Ferialarbeit vorliegt. „Das braucht man nicht, weil man kann eh immer kündigen – es gibt nur verpönte Gründe“, sagte AK-OÖ-Präsident Stangl.

Weiters fordere die Arbeiterkammer den Ausbau der Sozialarbeit im schulpsychologischen Bereich, „vor allem in Berufsschulen“. Und: „Wir glauben nicht, dass es befristete Mietverhältnisse braucht. Wir fordern die Abschaffung von befristeten Mietverträgen; bei Eigenbedarf soll man natürlich zugreifen können“, so Stangl.

Basis der vorliegenden Sondererhebung der AK Oberösterreich waren laut Raml über 4.000 stichprobenartig befragte unselbstständig Beschäftigte, davon bis zu 500 Junge, die im Jahr 2023 persönlich und in Onlineinterviews befragt wurden.