Die Krankenkassen verzeichnen seit 15 Jahren eine Zunahme
stressbedingter Krankschreibungen. Von den gut 15 Fehl
tagen pro Kopf und Jahr entfallen 2,5 Tage auf psychische
Beschwerden wie Depressionen, Angst- und Belastungsstö
rungen. Woran liegt es, dass offenbar immer mehr Menschen Proble
me haben, ihren Alltag zu bewältigen? Auf diese Frage gibt
es nicht nur die eine Antwort. Zum einen sind psychische
Erkrankungen heute erfreulicherweise weniger stigmatisiert
als früher, so dass psychische Diagnosen auch eine größere
Akzeptanz haben. Zum anderen sind Ärzte heute viel besser
in der Lage, psychische Erkrankungen zu diagnostizieren, so
dass viele seelische Beschwerden, die früher nicht erkannt
oder mit einem falschen Etikett versehen wurden, heute do
kumentiert und die Patienten entsprechend besser behandelt
werden. Der Anstieg der Diagnosen hat also auch positive
Effekte.Zum anderen stellen wir aber auch fest, dass die Grenzen zwi
schen seelischem Stress und Beschwerden, die medizinischer
Versorgung bedürfen, immer mehr verschwimmen. Auch bei
Problemen der Lebensbewältigung wird immer häufiger pro
fessionelle medizinische Hilfe gesucht.